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Verbrennungen wegen Funktionsstörungen an Verpackungsmaschine

Zwischenurteil über den Grund und Teilurteil vom 06.12.2002

OLG Bremen, Urteil vom 06.12.2002, 4 U 15/01

Bremen Wappen

Hanseatisches Oberlandesgericht Bremen
Zwischenurteil über den Grund und Teilurteil vom 06.12.2002
4 U 15/01

Im Namen des Volkes
Urteil

 

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Bremen, 2. Zivilkammer, vom 22.03.2001 teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wie folgt:

  1. Hinsichtlich der Klageanträge zu 1. und 2. ist der Klageanspruch dem Grunde nach zu 60 % gerechtfertigt. Wegen des Betragsverfahrens wird die Sache an das Landgericht Bremen, 2. Zivilkammer, zurückverwiesen.
  2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen Schäden, die ihm seit dem 01.10.2000 aus dem Unfall vom 25.05.1997 entstanden sind oder in Zukunft entstehen, zu 60 % zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf die Träger der Sozialversicherung oder sonstige Dritte übergangen sind oder übergehen.
  3. Hinsichtlich der weitergehenden Klageanträge zu 1. und 2. und hinsichtlich des weitergehenden Feststellungsantrags (Klageantrag zu 3) wird die Berufung zurückgewiesen.
  4. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Tatbestand

Der am 06.09.1940 geborene Kläger war seit 1971 als technischer Betriebsleiter für die Firma … in D. (im Folgenden: Firma T) tätig. Dieses Unternehmen beschäftigt sich mit der Verarbeitung von Lebensmitteln zu Tiefkühlkost.

Die Firma T kauft im Februar 1997 (vgl. Liefervertrag Bl. 11 ff. d. A.) von der Beklagten eine Faltschachtel Verpackungsanlage. Diese Anlage war 1993 von einer Firma K in England hergestellt und von der Beklagten an ein anderes Unternehmen ausgeliefert worden. Als dieses Unternehmen im Jahre 1996 in Konkurs fiel, wurde die Anlage von der Beklagten zurückgenommen und an die Firma T verkauft und ausgeliefert. Die Anlage wurde am 18. 04.1997 bei der Firma G. GmbH (im Folgenden: Firma G), einer in K. angesiedelten Tochtergesellschaft der Firma T von der Beklagten eingerichtet und in Betrieb genommen.

Der Faltschachtelaufrichter ist an der Anlage so montiert, dass er etwa auf gleicher Ebene mit dem Befüller aufgestellt ist. Der Befüller selbst ist etwa fünf Meter von dem Faltschachtelaufrichter entfernt. An dem Befüller befindet sich das zentrale Steuerelement für die Anlage,

Am 25.05.1997 traten an der Anlage Funktionsstörungen auf. Bei den Bemühungen der Mitarbeiter der Firma G um deren Behebung war der Kläger zumindest zeitweise anwesend. Er erlitt bei dem Versuch, eine Faltschachtelaufrichter hängengebliebene Faltschachtel zu entfernen, schwere Verbrennungen an der rechten Hand. Im Verlaufe der medizinischen Versorgung der Brandverletzung musste der kleine Finger der rechten Hand des Klägers amputiert werden. Es fanden mehrere plastische Operationen statt, in deren Verlauf Haut vom rechten Oberschenkel des Klägers auf die Hand verpflanzt wurde. Der Kläger wurde bis zum 11.07.1997 stationär behandelt und ist seit dem Unfalltage arbeitsunfähig.

Der Kläger hat behauptet, die Anlage sei stehengeblieben, nachdem das Sicherheitsgitter von dem Faltschachtelaufrichter geöffnet worden sei. Durch einen Schlüssel hinter dem Gitter könne die Maschine taktweise wieder in Betrieb genommen werden. Außerdem könne die Maschine von dem zentralen Schaltpult durch einen Automatikschalter in Automatiklauf gesetzt werden. Diesen Automatikschalter habe der Zeuge H betätigt und dadurch den Automatiklauf der Maschine in Gang gesetzt. In diesem Augenblick sei er, der Kläger, jedoch mit seinem rechten Arm in der Maschine gewesen. Seine Hand sei gegen eine Heißluftdüse gedrückt worden, wodurch er schwere Verbrennungen an der rechten Hand erlitten habe.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die von der Beklagten gelieferte Maschine entspreche nicht den einschlägigen Sicherheitsrichtlinien. Allein die Möglichkeit, die Anlage durch Betätigung des Automatikschalters in Betrieb zu nehmen, obwohl das Sicherheitsgitter am Faltschachtelaufrichter geöffnet und dadurch die Anlage ausgeschaltet gewesen sei, sei ein Konstruktionsfehler. Es hätte zudem ein Wahlschalter installiert werden müssen, der es verhindert hätte, dass der Automatikschalter bei geöffnetem Gitter an dem Faltschachtelaufrichter die Maschine habe in Gang setzen können. Die Maschine sei auch deswegen fehlerhaft konstruiert, weil nach Betätigung des Notschalters der Stempel, unter dem seine Hand eingeklemmt gewesen sei, nicht manuell zu entriegeln gewesen sei. Eine deutschsprachige Bedienungsanleitung für die Maschine habe gefehlt, es habe nur eine englischsprachige Bedienungsanleitung vorgelegen, was die Beklagte eingeräumt hat.

Er habe vor dem Unfall einen monatlichen Bruttoverdienst von 13.582,13 DM gehabt. Ab 1. 11.1998 erhalte er für beratende Tätigkeiten monatlich brutto 2.800,00 DM. Aufgrund des Unfalles erhalte er von der Berufsgenossenschaft eine monatliche Rente von 2.000,00 DM. Unter Berücksichtigung seines Einkommens und nach Abzug seiner nunmehrigen Einkünfte ergebe sich für die Zeit vom Unfalltag bis zum 30. 08.2000 ein Brutto Verdienstausfall in Höhe von 310.730,36 DM. Daneben stünde ihm ein Schmerzensgeld wegen der erlittenen Verletzungen von wenigstens 30.000,00 DM zu.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 310.730,36 DM nebst 4 % Zinsen auf 108.741,37 DM seit dem 20.05.1999 und weitere 4 % Zinsen auf 201.988,99 DM seit dem 20.11.2000 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit dem 20.05.1999 zu zahlen;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren materiellen Schäden, die ihm in Zukunft aus dem Unfall vom 25.05.1997 in dem Betrieb der Beklagten entstehen, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf die Träger der Sozialversicherung oder sonstige Dritte übergehen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat im ersten Rechtszug dem vom Kläger behaupteten Unfallhergang mit Nichtwissen bestritten und sich darauf berufen, sie sei nicht Herstellerin der Maschine gewesen, sondern habe diese nur geliefert. Sie, die Beklagte, habe die Maschine im Zusammenhang mit der Lieferung an die Firma C entgegen der Darstellung des Klägers auch nicht umgerüstet, sondern lediglich den neuen örtlichen Gegebenheiten bei der Firma G angepasst. Die Maschine sei dabei nicht wesentlich verändert worden.

Die gelieferte Maschine entspreche den einschlägigen Sicherheitsbestimmungen. Insbesondere genüge der hinter dem Schutzgitter verwahrte Schlüssel dem die stillgelegte Anlage wieder taktweise in Betrieb genommen werden könne, dem üblichen Sicherheitsstandards.

Der Kläger habe die Maschine nicht bestimmungsgemäß genutzt, so daß er für die Schäden selbst aufzukommen habe. Bei ordnungsgemäßer Handhabung der Maschine durch den Kläger sowie den Zeugen H wäre es nicht zu dem Unfall gekommen. Allein die unsachgemäße Bedienung der Maschine durch den Kläger und den Zeugen H hätten den Unfall verursacht.

Der Stempel, unter dem die Hand des Klägers eingeklemmt gewesen sei, habe durchaus manuell entriegelt werden können. Dies sei nur dadurch nicht mehr möglich gewesen, weil die Antriebskette durch die eingeklemmte Hand des Klägers abgesprungen sei, was der Kläger nicht mehr bestritten hat.

Die behauptete Schadenshöhe hat sie in einzelnen Punkten konkret und im Übrigen mit Nichtwissen bestritten.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … und … Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Protokollniederschrift vom 01.03.2001 (Bl. 194 – 201 d. A.) Bezug genommen.

Sodann hat das Landgericht durch Urteil vom 22.03.2001 die Klage abgewiesen und dies wie folgt begründet:

Denkbare Ansprüche des Klägers aus § 823 I BGB oder dem ProdHaftG scheitern daran, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Unfall allein auf ein Verschulden des Klägers und des Zeugen … zurückzuführen sei ( § 254 I BGB).

Aufgrund des rechtskräftigten Bescheids der Großhandels-, Lagerei- und Berufsgenossenschaft vom 11.02.2000 (Bl. 166, 167 d. A.) stehe fest, dass der Kläger am 25.05.1997 einen Arbeitsunfall erlitten habe. Er könne daher keine Ansprüche gegen seinen, den Arbeitsunfall mit verursacht haben den Kollegen … geltend machen (§ 636 RVO). Es liege ein sogenanntes „gestörtes“ Gesamtschuldverhältnis vor. Der Haftungsanteil der Beklagten sei um den Verantwortungsanteil des Arbeitskollegen des Klägers zu kürzen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Schadenverursachungsanteil zu gleichen Teilen bei dem Kläger und dem Zeugen … zu suchen sei.

Der Zeuge … habe bestätigt, dass der Kläger das Schutzgitter an dem Faltschachtelaufrichter geöffnet und an dem Gerät gearbeitet habe. Er, der Zeuge, habe dann von dem Kläger oder dem Zeugen … die Anweisung erhalten, die Anlage in Betrieb zu nehmen. Dies habe er auch getan. Daraufhin sei es zu dem Unfall gekommen. Auch der Zeuge … habe bestätigt, dass der Zeuge … aufgefordert worden sei, die Maschine in Betrieb zu setzen. Das zentrale Steuerpult befinde sich ca. fünf Meter von dem Faltschachtelaufrichter entfernt. Von dem zentralen Steuerpult aus sei der Faltschachtelaufrichter problemlos einzusehen. Dem Zeugen … habe daher unschwer auffallen müssen, dass in dem Augenblick, indem er die Maschinen in Gang setzte, der Kläger weiterhin an den Faltschachtelaufrichter beschäftigt gewesen sei. Dieser Zeuge räume auch selbst ein, daß der Unfall nicht passiert wäre, wenn er gesehen hätte, dass der Kläger mit seinen Händen noch in dem Faltschachtelaufrichter gewesen sei. Er habe die Anweisung erhalten, die Anlage einzuschalten. Daraufhin habe er sich allein auf das Bedienfeld konzentriert und die Maschine in Gang gesetzt.

Aus den Angaben der Zeugen … und … ergebe sich, dass in dem Augenblick, in dem der Kläger noch mit seinen Händen in der Maschine gewesen sei, der Befehl gekommen sei, die Maschine wieder in Gang zu setzen. Diese Äußerung könne der Kläger nicht überhört haben. Entweder habe er die Anweisung selbst erteilt, oder er habe gehört, daß der Zeuge … die Anweisung gegeben habe, die Maschine wieder in Gang zu setzen. In beiden Fällen habe der Kläger mit seinen Händen nicht mehr in der Maschine sein dürfen.

Damit sei bewiesen, dass der Unfall allein eine Folge des unglücklichen Zusammenwirkens des Klägers und des Zeugen … gewesen sei. Wenn der Kläger nach der Anweisung, die Maschine in Gang zu setzen, seine Hand aus der Maschine genommen oder wenn der Zeuge … sich vergewissert hätte, dass beim Einschalten der Anlage der Kläger nicht mehr an dem Faltschachtelaufrichter gearbeitet habe, wäre der Unfall nicht geschehen. Bei dieser Sachlage überwiege das Verschulden dieser beiden Personen so eindeutig, dass eine mögliche Haftung der Beklagten nicht mehr ins Gewicht falle.

Wegen der weiteren Urteilsbegründung und wegen des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 240 ff. d. A.) Bezug genommen.

Gegen das ihm am 26.03.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25.04.2001 Berufung eingelegt. Er hat die Berufung am 23.05.2001 begründet und macht geltend:

Das Landgericht habe zu Unrecht allein ein Verschulden des Klägers und des Zeugen … angenommen und sich nicht ernsthaft mit produkthaftungsrechtlichen Ansprüchen auseinandergesetzt. Es habe verkannt, dass der Unfall vorhersehbar gewesen sei, wenn – wie hier – eine Maschine bei geöffnetem Sicherheitsgitter von einem nicht an der gleichen Stelle platzierten Steuerungsinstrument aus in Gang gesetzt könne. Es habe nicht in Betracht gezogen, dass die EG – Richtlinien 89/393/EWG in der modifizierten Fassung 98/37/ EG (RL-EG) gerade darauf abzielten, Unfallrisiken selbst in den Fällen auszuschließen, in denen sie sich aus vorhersehbaren ungewöhnlichen Situationen ergäben. Maschinen seien so zu konzipieren, dass eine nicht ordnungsgemäße Verwendung verhindert werde, falls dieses ein Risiko mit sich bringe. Diese Unfallverhütungsvorschriften seien von der Beklagten bei der Konstruktion der Maschine in mehrfacher – im einzelnen dargelegter (S. 4 der Berufungsbegründung, Bl. 282 ff. d. A.) – Hinsicht verletzt worden.

Mit der Ablieferung der Maschine mit derartigen Mängeln hinsichtlich der Unfallverhütungsvorschriften habe die Beklagte sowohl ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt (§ 823 I BGB) als auch die Gerätesicherung geltenden Normen (§ 823 II BGB).

Die Haftung der Beklagten nach den Produkthaftungsgesichtspunkten ergeben sich bereits aus der Tatsache, dass sie die Maschine mit ihrem Herstellerschild und ihrem Firmenlogo versehen habe. Damit sei sie mindestens Quasihersteller gem. § 4 I S. 1 ProdHaftG.

Das Verschulden der Beklagten, eine derart risikoträchtige Maschine geliefert zu haben, sei so schwerwiegend, dass ein etwaiges Mitverschulden des Klägers und des Zeugen … dahinter zurücktrete. Dabei sei auch die Bedeutung, dass die Beklagte in § 6 des Liefervertrages (Bl. 11 ff. d. A.9) gegenüber dem Arbeitgeber des Klägers ausdrücklich die Verpflichtung übernommen habe, dass die zu liefernde Anlage alle technischen Bestimmungen für Sicherheit und Unfallverhütung zu entsprechen hätte.

Der Kläger beantragt,

in Abänderung des Urteils des Landgerichts Bremen vom 22.03.2001,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 310.730,36 DM nebst 4 % Zinsen auf 108.741,37 DM seit dem 20.05.1999 und auf weitere 210.938,99 DM seit dem 20.11.2000,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit dem 20.05.1999 zu zahlen.

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren materiellen Schäden zu ersetzen, die ihn in Zukunft aus dem Unfall vom 25.05.1997 entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf den Träger der Sozialversicherung oder sonstige Dritte übergehen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Annahme, des Unfalls sei allein auf das Verschulden des Klägers und des Zeugen … zurückzuführen, sei gerechtfertigt. Der Unfall sei dadurch zustande gekommen, dass der Kläger trotz – wie die Beweisaufnahme ergeben habe – deutlich vernehmbarer Anweisung, den Automatikbetrieb der Maschine wieder aufzunehmen, seine Hand nicht aus der Maschine genommen habe und dass der Zeuge … vor der Inbetriebnahme nicht darauf geachtete habe, dass der Kläger seinen Arm noch in der Maschine gehabt habe, obwohl er gewusst habe, dass der Kläger an der Maschine arbeitete. Dem Kläger sei insbesondere auch vorzuwerfen, dass er seine Hand nicht spätestens aus der Maschine genommen oder den Zeugen … gewarnt habe, als die Maschine nach Betätigung des Knopfes am Steuergerät durch den Zeugen – wie dieser es geschildert habe – in die Grundstellung bewegt worden sei und 1 bis 2 Hubbewegungen gemacht habe, bevor dann mit einem zweiten Schalter der Automatikbetrieb in Gang gesetzt worden sei.

Im Übrigen komme eine Haftung der Beklagten nach dem ProdHaftG auch nicht in Betracht. Die Beklagte habe die Maschine weder i. S. des § 4 I ProdhaftG hergestellt, noch in den Geltungsbereich des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum eingeführt oder verbracht, noch sei sie als Quasihersteller anzusehen. Aus dem neben ihrem Schuld mit Firmenlogo angebrachten Schilder der Firma K sei ersichtlich, da diese Firma Hersteller sei. Ihr, der Beklagten, Firmenlogo bezeichne lediglich das System, das die Beklagte der Firma G zur Verfügung gestellt habe, bestehend aus Maschine und zugehöriger Verpackung.

Eine Haftung der Beklagten nach den Bestimmungen des Gerätesicherheitsgesetzes bzw. der 9. GSGVO komme nicht in Betracht, da sie den Aufrichter nicht in den Verkehr gebracht habe.

Die Einweisung in den Betrieb der Maschine durch die Beklagte sei hinreichend gewesen, auf die Gefahren bei Betrieb sei ausreichend hingewiesen worden. Im Übrigen habe hier keine Hinweispflicht auf eventuelle Gefahren bestanden. Den Hinweis- und Warnpflichten entfielen nach der Rechtsprechung des BGH dann, wenn ein Produkt nach den berechtigten Erwartungen des Herstellers ausschließlich in die Hand von Personen gelangen könne, die mit den Gefahren vertraut seien, wenn die Gefahrenquelle offensichtlich sei oder wenn sich Gefahren verwirklichen, die sich aus einem äußerst leichtfertigen Fehlgebrauch ergäben. Letzteres sei hier der Fall.

Selbst wenn die Maschine Sicherheitsmängel gehabt habe, was die Beklagte bestreite, so werde damit gleichwohl nicht gegen die Sicherheitsanforderungen der Richtlinie 89/392/EWG in der modifizierten Fassung 98/37 EG verstoßen. Denn es gehöre nicht zu den vorhersehbaren ungewöhnlichen Situationen, wenn erfahrene Techniker sich bei der Einstellung einer Maschine so grob fahrlässig verhielten wie der Kläger und der Zeuge … Die Sicherheitsvorkehrungen sollten nicht vor grob fahrlässigem Missbrauch unter bewusster Umgehung aller Sicherheitsvorkehrungen schützen. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 17.10.2001, 24.07.2002, 15.08.2002 (Bl. 349 ff., 402 f., 409 f. d. A.), der Beklagten vom 24.07.2002, 21.08.2002, 02.10.2002 (Bl. 397 ff., 413, 420 ff. d. A.) sowie auf die Erklärungen zu Protokoll in den Terminen vom 09.11.2001 und 08.11.2002 (Bl. 359 ff., 408 ff. d. A.) Bezug genommen.

Der Senat hat zunächst zur Frage einer Umrüstung der fraglichen Anlage durch die Beklagte und zur Durchführung einer Sicherheitseinweisung Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen …, …, … und … Hinsichtlich der von den Zeugen gemachten Angaben wird auf das Sitzungsprotokoll vom 09.11.2001 (Bl. 359 ff. d. A.) verwiesen. Der Senat hat sodann ein schriftlichen Sachverständigengutachten durch den Dipl. – Ing. beschäftigt beim TÜV H. e. V., über die Behauptung des Klägers eingeholt, die gelieferte Anlage habe nicht den bei Kauf bzw. Lieferung im Frühjahr 1997 geltenden Sicherheitsbestimmungen entsprochen, und zugleich um Beantwortung der Beweisfrage auch bezogen auf den Zeitpunkt 1993 (erstmalige Lieferung der Anlage an einen anderen Kunden) gebeten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme insoweit wird auf das schriftliche Gutachten vom 19.06.2002 sowie auf die vom Senat erbetene ergänzende schriftliche Stellungnahme vom 13.09.2002 (Bl. 414 ff. d. A.) Bezug genommen. Der Sachverständige hat sein schriftliches Gutachten im Termin vor dem Senat am 08.11.2002 mündlich erläutert. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 08.11.2002 (Bl. 428 ff. d. A.) Bezug genommen. Zum Ergebnis der Anhörung des Sachverständigen hat der Kläger mit Schriftsätzen vom 19.11.2002 und 04.12.2002 (Bl. 432 f., 466 ff. d. A.), die Beklagte hat mit Schriftsätzen vom 25.11.2002, 2. und 3.12.2002 (Bl. 434 ff., 439 ff., 465 d. A.) Stellung genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat nur teilweise Erfolg.

Entgegen der Annahme des Landgerichts haftet die Beklagte dem Kläger für den Schaden, den dieser infolge des Unfalls vom 25.05.1997 erlitten hat, und zwar zu 60 %.

I.
Eine Haftung der Beklagten für den eingetretenen Schaden ist unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten begründet.

1. Soweit es den materiellen Schaden des Klägers angeht, ergibt sich eine Haftung der Beklagten zunächst aus Vertrag, nämlich aus § 6 des zwischen dem Arbeitgeber des Klägers und der Beklagten geschlossenen Liefervertrages als einer vertraglichen Bestimmung mit Schutzwirkung für den Kläger.

Nach § 6 I des im Februar 1997 geschlossenen Liefervertrages (Bl. 13 d. A.) hatte die von der Beklagten zu liefernde Anlage „den einschlägigen Gesetzen und behördlichen Bestimmungen, den Vorschriften sowie technischen Bestimmungen einschließlich derjenigen für Sicherheit und Unfallverhütung“ zu entsprechen. Das war nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme nicht der Fall. Die Anlage entsprach weder den 1997 geltenden Vorschriften, die für die vertragliche Haftung der Beklagten nach § 6 I des Liefervertrages maßgebend waren, noch den Vorschriften, die bei dem erstmaligen Inverkehrbringen der Anlage im Jahre 1993 (durch Lieferung an einen anderen Kunden der Beklagten), Gültigkeit hatten. Die Anlage hatte dadurch eine besondere Gefährlichkeit erhalten, dass von der Beklagten im Jahre 1993, vor der Aufstellung bei dem ersten Kunden, in Abänderung des Originalzustandes eine Änderung an der Bedieneinrichtung vorgenommen worden war, wie die Beklagte eingeräumt hat, nachdem der vom Senat beauftragte Sachverständige entsprechende Veränderungen an der Anlage festgestellt hat. Es war eine Möglichkeit geschaffen worden, die vorhandenen Sicherheitsschalter der Schutztüren mittels eines Schlüsselschalters zu überbrücken. Beim Öffnen des Sicherheitsgitters am Faltschachtelaufrichter bleibt die Anlage stehen. Mit der Einrichtung des Schlüsselschalters der, wie sich im zweiten Rechtszug herausgestellt hat, nicht innerhalb, sondern außerhalb des Schutzgitters links neben dem Faltschachtelaufrichter angebracht ist. Im Jahr 1993 ist eine Möglichkeit geschaffen worden, die Anlage bei geöffnetem Schutzgitter wieder in Betrieb zu nehmen, und zwar entweder taktweise durch Betätigung der neben dem Schlüssel befindlichen Schalter oder im Automatiklauf vom zentralen Schaltpult aus durch Betätigung des Automatikschalters. Diese Möglichkeit ist seinerzeit geschaffen worden, um im Einrichtbetrieb bzw. bei Wartungsarbeiten einen problemloseren Zugriff auf die innenliegenden Baugruppen zu haben. Mit dieser Überbrückung der originären Sicherheitsschalter ist ein Eingriff in die Sicherheitstechnik der Anlage vorgenommen worden, die nicht nur als solche gegen die 1993 und 1997 geltenden Sicherheitsvorschriften verstieß, sondern die außerdem in den zugehörigen Unterlagen (Schaltplan) zur Maschine nicht festgehalten wurde. Dies ergibt sich aus den Feststellungen des Sachverständigen, wie er sie in seinem schriftlichen Gutachten vom 19.06.2002, aber auch bei seiner Anhörung durch den Senat dargelegt hat.

Die von der Beklagten 1993 vorgenommene Änderung der Schaltung entsprach, wie der Sachverständige bereits in seinem schriftlichen Gutachten vom 19.06.2002, aber auch bei seiner Anhörung durch den Senat im Einzelnen dargestellt hat, nicht dem im Jahre 1997 geltenden Sicherheitsvorschriften. Die Sicherheitsanforderungen im Jahre 1997 waren bestimmt durch die Maschinenrichtlinie 89/392/EWG vom 14.06.1989, geändert durch die Richtlinien vom 20.06.1991 (91/368/EWG), vom 14.06.1993 (93/44/EWG) und vom 22.07.1993 (93/68/EWG). Die Richtlinie ist umgesetzt in Nationales deutsches Recht durch die Verordnung zum Gerätesicherheitsgesetz und zur Änderung der Verordnungen zum Gerätesicherheitsgesetz vom 12.05.1993 (9. GSGV – Maschinenverordnung) und hat hier Gültigkeit erlangt spätestens nach Ablauf einer bis zum 31.12.1994 laufenden Übergangsfrist. Die Anlage verstieß gegen die gemäß Art. 3 einzuhaltenden Sicherheitsanforderungen des Anhangs I, Nr. 1.2.5, der Maschinenrichtlinie (Bl. 104 d. A.). Danach muss, wenn ein Betrieb der Maschine bei aufgehobener Schutzwirkung der Schutzeinrichtung erforderlich ist, die Automatiksteuerung gesperrt sein, es dürfen nur Bewegungen möglich sein (z.B. reduzierte Geschwindigkeit, reduzierte Leistung, Schrittbetrieb oder sonstige geeignete Vorkehrungen und Gefahren, die sich aus Befehlsverkettungen ergeben, müssen ausgeschaltet sein. Danach war das hier mögliche Ingangsetzung des Automatikbetriebes bei geöffnetem Schutzgitter unzulässig. Die Anlage, so wie sie 1997 beim Arbeitgeber des Klägers eingerichtet wurde, war auch nicht im Hinblick darauf sicherheitstechnisch unbedenklich, weil sie einem Bestandschutz unterlag. Soweit der Sachverständige in seiner ergänzenden schriftlichen Stellungnahme vom 13.09.2002 den Gesichtspunkt eines möglichen Bestandsschutzes angeführt hat, hat er daran bei seiner Anhörung durch den Senat für die hier gegebene Sachlage nicht festgehalten. Ein möglicher Bestandsschutz im Sinne der Ausführungen des Sachverständigen vom 13.09.2002 scheidet aus zwei Gründen aus: Zum einen würde er voraussetzen, daß die Anlage, als sie 1993 erstmals in den Verkehr gebracht wurde, sicherheitstechnisch unbedenklich war. Dies hatte der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13.09.2002 angenommen. Bei seiner Anhörung vor dem Senat ist er davon aber ausdrücklich abgerückt. Er hat dabei dargelegt, dass und warum die Anlage nach dem 1993 vorgenommenen Eingriff in die Sicherheitstechnik auch mit dem damals geltenden Sicherheitsbestimmungen nicht in Einklang stand. Maßgeblich war seinerzeit nicht die am 01.01.1993 mit einer Übergangsfrist bis 31.12.1994 in Kraft getretene Maschinenrichtlinie 89/392 EWG, sondern das bisher geltende nationale Recht, nachdem mit der Nichtkennzeichnung mit einem CE – Zeichen und dem Nichtausstellen einer Konformitätserklärung eine Entscheidung für die Fortgeltung des bisherigen Rechts für die Dauer der Übergangsfrist getroffen worden war (vgl. dazu S. 7 des schriftlichen Gutachtens vom 19.06.2002). Die Anlage mit der veränderten Schaltung verstieß gegen § 13 der danach 1993 für diese Anlage unverändert geltenden Unfallverhütungsvorschrift VBG 76 (Bl. 236 d. A.). Die Anforderungen, die Abs. 5 dieser Vorschrift stellte, waren nicht erfüllt. Denn es fehlte an dem erforderlichen „Vorort-Freigabeschalter“. Ein solcher Freigabeschalter hat die Funktion, eine Person, die im Zusammenhang mit der Einrichtung der Maschine oder beim Beheben von Störungen in die Maschine eingreifen muss, vor einem – unbeabsichtigten – Ingangsetzen durch Dritte zu sichern. Er bewirkt die Freigabe der zuvor angehaltenen Maschine zum Betrieb und muss in der Nähe des Zugang so angebracht sein, daß er vom Gefahrenbereich aus nicht betätigt werden kann (damit der noch an der Maschine Arbeitende den gefährlichen Bereich verlassen muß, um ihn zu betätigen) und dass der Gefahrbereich von dort aus eingesehen werden kann. Mit der hier von der Beklagten in Abänderung des Originalzustandes eingerichteten Schlüsselschaltung wurde stattdessen das Gegenteil eines Schutzes eines innerhalb der Anlage Arbeitenden erreicht: Es wurde bewirkt, daß – auch bei geöffnetem Schutzgitter und dadurch ausgelöstem Stillstand der Anlage – jederzeit vom zentralen Schaltpult aus die Anlage im Automatikbetrieb wieder in Gang gesetzt werden konnte. So ist es hier geschehen. Der Unfall selbst ist so abgelaufen, wie ihn das Landgericht nach der Vernehmung der in erster Instanz gehörten Zeugen festgestellt hat, dass die Beklagte im zweiten Rechtszug auch nicht mehr in Frage stellt Modifikation ergeben sich lediglich insofern, als der Kläger entgegen der Annahme des Landgerichts nicht selbst das Schutzgitter geöffnet hat, daß nicht er es war, der den die Sicherheitsbeschaltung überbrückenden Schlüssel betätigt hat, und daß er auch nicht an den Montagearbeiten am Faltschachtelaufrichter beteiligt war. Vielmehr war er nur anlässlich des Besuchs von englischen Monteuren anwesend, die mit Problemen am Plattenfroster befasst waren.

Ein Bestandschutz i.S. der Ausführungen des Sachverständigen in der ergänzenden Stellungnahme vom 13.09.2002 scheidet aber auch aus einem weiteren Grunde aus. Selbst wenn die Anlage 1993 sicherheitstechnisch unbedenklich gewesen wäre, hätte – wie der Sachverständige bei seiner Anhörung durch den Senat im einzelne dargelegt hat – ihr erneutes Inverkehrbringen im Jahre 1997 deshalb keinen Bestandsschutz unterlegen, weil die von der Beklagten freigeschaltete Gesamtanlage neue Teile enthielt. Die beim Arbeitgeber des Klägers aufgebaute Gesamtanlage besteht aus den im Sachverständigengutachten vom 19.06.2002 auf S. 4 genannten Einzelteilen, die in der dort genannten Reihenfolge Bestandteil der Anlage sind. Die ab „Stauband vor Froster“ ausgeführten Teile waren nicht von der Beklagten geliefert worden, sondern stammten von anderen Lieferanten bzw. befanden sich schon vor Ort. Das gilt insbesondere auch für den Plattenfroster. Dadurch, dass die Beklagte all diese Einzelteile schaltungstechnisch miteinander verknüpft hat, so daß die gesamte Anlage mittels eines Schalters abgeschaltet oder in Betrieb genommen werden kann, ist wie der Sachverständige dargelegt hat, im technischen Sinne eine neue Anlage aufgestellt worden, für die Bestandsschutz nicht in Anspruch genommen werden kann und für die im Übrigen eine Konformitätserklärung hätte abgegeben und zu den Unterlagen genommen werden müssen, was hier nicht geschehen ist. Dass die Beklagte alle Teile der Gesamtanlage schaltungstechnisch miteinander verknüpft hat, ergibt sich aus den Feststellungen des Sachverständigen. Auf die Frage, ob sie auch die nicht von ihr gelieferten Teile aufgestellt hat, wie es der Kläger im Termin vom 08.11.2002 unwidersprochen angegeben hat (der Zeuge Neuhaus hatte dies anders dargestellt, vgl. Sitzungsprotokoll vom 09.11.2002, S. 5, Bl. 363 d. A.), kommt es nicht an.

Unabhängig davon unterliegt es keinem Zweifel, daß jedenfalls für die vertragliche Haftung der Beklagten ohnehin eine Berufung auf Bestandsschutz nicht in Betracht kam. Nach der in § 6 I des Liefervertrages getroffenen Regelung konnte der Arbeitgeber des Klägers davon ausgehen, daß die Anlage den jetzt geltenden Sicherheitsvorschriften entsprach.

Der Senat sieht keinen Anlaß an den vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen zu zweifeln. Den vom Sachverständigen vorgenommenen Beurteilungen hinsichtlich der Vereinbarkeit der Anlage mit dem jeweils geltenden Sicherheitsbestimmungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an.

Bei § 6 I des Liefervertrages handelte sich um eine zugesicherte Eigenschaft (vgl. Palandt/Putzo, BGB, 61. Aufl., § 459 Rn. 20, 36), deren Nichtvorliegen die Beklagte dem Arbeitgeber des Klägers gegenüber schadenersatzpflichtig machte. Das Nichtvorliegen dieser Eigenschaft macht die Beklagte aber auch dem Kläger gegenüber schadenersatzpflichtig. Die in § 6 I getroffene Vertragsabrede, eine den geltenden Sicherheitsbestimmungen entsprechende Anlage zu liefern, hatte erkennbar den Sinn, auch solche Personen vor Schaden zu bewahren, die – wie der Kläger – vom Arbeitgeber des Klägers zur Bedienung der Anlage hinzugezogen wurden oder im Zusammenhang mit der Bedienung der Anlage mit ihr in Berührung kamen. Es handelte sich insoweit um eine vertragliche Abrede mit Schutzwirkung für Dritte und zwar mit Schutzwirkung auch für den Kläger, zumal der Kläger wie das übrige Bedienungspersonal in einem Arbeitnehmerverhältnis zum Käufer der Anlage stand, dieser als für das „Wohl der Wehe“ des Klägers verantwortlich war (vgl. dazu den ähnlichen gelagerten Fall bei BGH, NJW 1956, 1193, sowie BGH, NJW 1959, 1676).

2. Die Beklagte haftet dem Kläger für seinen materiellen Schaden daneben auch aus § 823 I BGB unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht. Insoweit haftet sie dem Kläger auch wegen des ihm entstandenen immateriellen Schadens (Schmerzensgeld, § 847 BGB a.F. i.V.m. Art 229 § 8 EGBGB).

Die Beklagte hat als Herstellerin die Faltschachtelanlage, die konstruktiv mit den beschriebenen Sicherheitsmängeln behaftet war, also nicht dem von Wissenschaft und Technik vorgegebenen Sicherheitsstand entsprach (und zwar weder bezogen auf 1997 noch auf 1993) in den Verkehr gebracht. Dass die Beklagte als Herstellerin der Faltschachtelanlage anzusehen ist, unterliegt nach Angaben, die ihr damaliger Leiter der Abteilung Systemtechnik zunächst als Vertreter der Beklagten und dann als Zeuge in dem Termin vor dem Senat am 09.11.2001 gemacht hat, keinem Zweifel. Danach bietet die Beklagte neben der Lieferung von Verpackungsmaterial auch die dazugehörigen Anlagen an, die geleast oder gekauft werden können. Diese Anlagen bestehen aus mehreren Elementen, insbesondere aus Aufrichter, Füllanlage und Verschließer. Diese Einzelteile werden von verschiedenen Firmen hergestellt, von der Beklagten zusammengestellt und dann dem Kunden ausgeliefert. So ist es auch im vorliegenden Falle geschehen, wobei der Aufrichter von der Firma K stammte und dort im Jahre 1993 gebaut worden ist. Die gesamte Faltschachtelanlage war von der Beklagten zusammen mit einem Generalunternehmer im Jahre 1993 zusammengestellt und an einen Kunden in der Nähe von Hannover (Firma C) ausgeliefert worden. Nachdem sie von dort wegen eines Konkurses des Kunden zurückgenommen werden musste, wurde sie im Prinzip unverändert an die Firma T verkauft. Bei der Firma G wurde sie lediglich anders als zuvor aufgebaut, nämlich nicht mehr in einer Linie, sondern in Anpassung an die räumlichen Verhältnisse mit einem Winkel von 90. Hinzu kommt – wie sich allerdings erst im Termin vom 08.11.2002 herausgestellt hat – dass die Anlage bei der Aufstellung bei der Firma G mit weiteren, nicht von der Beklagten gelieferten Komponenten verknüpft wurde, wie schon geschildert. Bereits danach war die Beklagte dafür verantwortlich, daß die gelieferte Anlage im konstruktiven Bereich keine Sicherheitsmängel aufwies (gl. zu den Sorgfaltspflichten als Hersteller oder wie ein Hersteller im Konstruktionsbereich bei Zusammensetzung vorgefertigter Teile Wussow/Bremenkamp, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., 25 Rn. 14 m.w.N.). Sie ist darüber hinaus aber hier auch deshalb der Hersteller oder wie ein Hersteller für die Sicherheitsmängel der Anlage verantwortlich, weil sie es war, die vor der ersten Aufstellung der Anlage 1993 die Sicherheitsschaltung überbrückt, also einen Eingriff ins Sicherheitssystem vorgenommen hat. Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, welche rechtlichen Konsequenzen es hat, dass die Beklagte am Faltschachtelaufrichter neben dem Schild des englischen Herstellers ihr Firmenschild mit Logo angebracht. Das Inverkehrbringen der mit dem geschilderten erheblichen Sicherheitsmangel behafteten Anlage war fahrlässig. Der Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 19.06.2002 zutreffend die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Personenschadens nach dem vorgenommenen Eingriff als hoch bezeichnet. Das war auch für die Beklagte erkennbar. Es entlastet sie auch nicht, dass sie – wie sie im Schriftsatz vom 24.07.2002 unwidersprochen vorgetragen hat – die sicherheitstechnische Veränderung in Absprache mit der Firma C vorgenommen hat und die danach mit der notwendigen Änderung der Verdrahtung beauftragte Firma keine Gefahren für irgendwelche Beteiligte verbunden seien. Wer gegen Sicherheitsbestimmungen verstößt, kann sich nicht dadurch entlasten, daß er sich auf die Meinung Dritter verlässt.

Die Beklagte hat aber nicht nur Pflichten aus dem Konstruktionsbereich, sondern auch ihre obliegende Instruktionspflichten verletzt. Sie hätte zumindest eine Gebrauchsanweisung in deutscher Sprache vorlegen müssen, aus der insbesondere das mit der Überbrückung des Sicherheitssystems verbundene Risiko deutlich hätte hervorgehen müssen. Dass sie eine Gebrauchsanweisung in deutscher Sprache nicht vorgelegt hat, hat die Beklagte bereits mit Schriftsatz vom 16.03.2000 (S. 7, Bl. 154 d. A.) eingeräumt. Es ist im übrigen von dem von der Beklagten benannten Zeugen T Termin vom 09.11.2001 bestätigt worden (S. 7 des Protokolls, Bl. 365 d.A.). Die im nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlungen vor dem Senat eingereichten Schriftsatz vom 25.11.2002 (Bl. 435 d. A.) aufgestellte gegenteilige Behauptung der Beklagten ist ersichtlich falsch. Im Übrigen wäre auch aus einer deutschen Bedienungsanleitung der von der Beklagte vorgenommene Eingriff ins Sicherheitssystem im Zweifel nicht erkennbar gewesen. Es hätte also eines ausdrücklichen Warnhinweises bezogen auf diesen Eingriff bedurft. Ein solcher hinreichender Warnhinweis ist auch nicht etwa mündlich bei der Einweisung in der Anlage erfolgt. Diese Einweisung hat von Seiten der Beklagten der Zeuge T vorgenommen, und zwar gegenüber dem Mitarbeiter S der Firma G (vgl. dazu das Einweisungsprotokoll vom 03.04.1997, Bl,. 157 d. A.). Der Zeuge T hat bei seiner Vernehmung vor dem Senat am 09.11.2001 angegeben, die Einweisung in die Anlage habe 1 bis 2 Stunden gedauert. Er habe den Zeugen S dabei auch auf den Sinn und die Funktion des Schlüsselschalters hingewiesen und in diesem Zusammenhang deutlich gemacht, dass das Gitter beim Wiederanlaufen des Aufrichters geschlossen werden müsse, wenn zuvor in den Aufrichter eingegriffen worden sei. Er habe im Zusammenhang mit der Erläuterung des Schlüsselschalters dem Zeugen S auch erklärt, was im Einzelnen passiere, wie die Anlage bei bestimmten Schaltungen reagiere, insbesondere habe er auch auf die Automatikschaltung hingewiesen. Der Zeuge S hat bestätigt, von dem Zeugen T in die Anlage eingewiesen worden zu sein. Er hat angegeben, die Gittertür vor dem Aufrichter habe damals offen gestanden, während die Maschine gelaufen sei. Ob er in diesem Zusammenhang auf besondere Risiken und Gefahren hingewiesen worden sei, wisse er nicht mehr. Ihm sei bekannt gewesen, dass man die Anlage vom Steuerpult aus wieder habe in Gang setzen können, auch wenn die Tür am Aufrichter noch offen gewesen sei. Das sei mehrfach von ihnen so gehandhabt worden, wenn es am Aufrichter Probleme gegeben habe. Diese Handhabung sei auch in Gegenwart des Zeugen T erfolgt. Nach diesen Zeugenaussagen unter Berücksichtigung der weiteren Umstände lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte auf das durch ihren Eingriff ins Sicherheitssystem ausgelöste erhebliche Risiko mit hinreichender Deutlichkeit hingewiesen hat. Angesichts der Gefährlichkeit der durch die Überbrückung der Sicherheitsschaltung geschaffenen Lage wäre ein besonders deutlicher Hinweis in einprägsamer Form erforderlich gewesen. Gegen eine hinreichend deutliche Warnung spricht, daß der Zeuge S an dessen Glaubwürdigkeit – wie auch an der Glaubwürdigkeit der übrigen gehörten Zeugen – zu Zweifeln der Senat keinen Anlass hat, einen solchen Hinweis nicht in Erinnerung hatte. Dagegen spricht aber auch, daß insgesamt bei den Mitarbeitern der Firma G das Bewusstsein dieses Risikos schwach ausgeprägt war, wie der Umstand zeigt, dass der Zeuge J der auch bei dem Unfall zugegen war, die Funktion des das Sicherheitssystem überbrückenden Schlüsseln nicht kannte, wie er bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht am 01.03.2001 angegeben hat. Daß sich eine hinreichend deutliche Warnung der Beklagten in Bezug auf ein Sicherheitsrisiko nicht feststellen lässt, geht zu ihren Lasten. Zwar trifft grundsätzlich denjenigen die Beweislast, der sich auf eine Verletzung der Instruktionspflicht beruft. Da hier aber unstreitig der erforderliche schriftliche Hinweis in Form einer Bedienungsanleitung nicht erfolgt ist, ist es Sache der Beklagten zu beweisen, daß sie dem Erfordernis der Warnung vor den Risiken bzw. der Anleitung zu einem Umgang damit auf andere Weise nämlich mündlich bei der Einweisung, Rechnung getragen hat. Das die Beklagte zu einer Instruktion in dem geschilderten Sinne verpflichtet war, ergibt sich aus den Anforderungen, die die Rechtsprechung an die Verkehrssicherungspflicht stellt. Für den Zeitpunkt 1997 ergibt es sich auch aus der Maschinenrichtlinie 89/391/EWG (geändert duch die o.g. weiteren Richtlinien). Den dort im Anhang I unter Nr. 1.7.4 aufgestellten Erfordernissen ist insbesondere zu entnehmen, daß eine Bedienungsanleitung in der Sprache des Aufstellungslandes vorgelegt werden muss, die inhaltlich Hinweise für die gefahrlose Beseitigung von Störungen im Arbeitsablauf enthalten muß. Auch Änderungen an der Schaltung müssen dokumentiert sein. Im vorliegenden Falle ergab sich im übrigen eine entsprechende Verpflichtung auch aus § 4 des Liefervertrages.

Dahlbokum
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