Baumreihe auf dem Nachbargrundstück gefällt
LG Hagen, Urteil vom 15.07.2003, 4 O 332/01
Landgericht Hagen
Urteil vom 15.07.2003
4 O 332/01
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
Frau..
Klägerin
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Volker Dahlbokum, LL.M.Eur., LL.M., Klosterstr. 22, 40211 Düsseldorf
./.
Frau..
Beklagte zu 1)
Herr..
Beklagte zu 2)
hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Hagen auf die mündliche Verhandlung om 27.05.2203 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Richter als Einzelrichter
für Recht erkannt
- Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin 6.708,74 € nebst 4 % Zinsen seit dem 07.06.2001 zu zahlen.
- Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 64 % und die Beklagten zu 36 %.
- Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollsteckendenden Betrag vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin des Hausgrundstücks … str. 13 in S. Die Beklagten sind Eigentümer des nachbarten Grundstücks … str. 8. Auf dem Grundstück der Klägerin an der Grenze zum Grundstück der Beklagten stand im Jahre 1999 eine Fichtenreihe mit einer Höhe von jedenfalls über 10 m. Im Jahre 1999 lies der Beklagte zu 2) die Fichten bis auf eine Fichte um die Hälfte ihrer Höhe kürzen. Im März 2001 lies der Beklagte zu 2) die gekürzten Fichten sowie die noch unverändert stehende Fichte bis auf dei Baumstümpfe abholzen. Die Klägerin nimmt die Beklagten aus diesem Vorgehen auf Schadenersatz in Anspruch.
Die Klägerin trägt vor, beide Beklagten hätten die Fällaktion veranlasst, bei der 25 Fichten mit einer Höhe bis zu 20 m abgeholzt worden seien. Damit sei weder ihr verstorbener Ehemann im Jahre 1997 einverstanden gewesen noch habe sie, die Klägerin, den Maßnahmen in den Jahren 1999 und 2001 zugstimmt. Sie habe im Jahre 1999 lediglich ein Beschneiden der Spitzen und Kronen gestattet. Ihr Schaden durch das Wiederaufforsten von 25 Fichten belaufe sich auf 20.798,80 DM = 10.634,26 €. Im Hinblick auf die Größe der gefällten Fichten sei eine Ausgleichszahlung von 15.000 DM = 7.669,38 € zu leisten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, an sie 18.303,12 € nebst 4 % Zinsen seit dem 07.06.2001 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie tragen vor, die Beklagte zu 1) sei nicht passivlegitimiert, nur der Beklagte zu 2) habe gehandelt. Die Klägerin habe sich unter Hinweis auf das entsprechende Einverständnis ihres verstorbenen Ehemannes im Jahre 1997 in einem Telefonat im Jahre 1999 mit einer Kürzung der Fichten wie vorgenommen einverstanden erklärt. Später habe sich die Klägerin wegen des Aussehens der um die Hälfte gekürzten Fichten beschwert und erklärt, es sei besser, sie vollständig zu beseitigen. Betroffen gewesen seien lediglich 14 Fichten mit einer Höhe von 10 bis 12 m. Die verlangten Anpflanzkosten seien überhöht, ein Mindestwert des Grundstücks sei nicht eingetreten. Die Fichten hätten ohnehin gefällt werden müssen, da sie sämtlich krank und nicht mehr standsicher gewesen seien.
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat die Parteien persönlich angehört. Es ist Beweis erhoben worden durch uneidliche Vernehmung der vorbereitend geladenen Zeugen zu 1), zu 2), zu 3) und zu 4). Wegen des Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle vom 09.04.2002 und 27.05.2003 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nur in dem tenorierten Umfang gem. den § 823 Abs. 1, 249 f., 830 Abs. 1 BGB begründet.
Unstreitig ist auf Veranlassung des Beklagten zu 2) die Fichtenreihe, die, wie im Verlaufe des Rechsstreits ebenfalls unstreitig geworden ist, auf dem Grundstück der Klägerin stand, gefällt worden. Diese eigentumsverletzende Maßnahme ist auch der Beklagten zu 1) zuzurechnen. Denn nach ihren Angaben im Termin hat sie mit der Klägerin wegen der Kürzungen gesprochen. Das Gericht geht deshalb davon aus, dass sie im einverständlichen Zusammenwirken mit ihrem Ehemann das Fällen der Bäume miteinveranlasst hat, auch wenn nur der Beklagte zu 2) die tätig gewordenen Zeugen zu 3) und zu 4) beauftragt hat, § 830 Abs. 1 BGB.
Das Fällen der Bäume erfolgte rechtswidrig und schuldhaft, ein Einverständis der Klägerin haben die Beklagten nicht bewiesen.
Die Zeugen zu 1) und zu 2) hatten keine Erinnerung, dass der verstorbene Ehemann der Klägerin im Jahre 1997 anlässlich einer Grenzbegehung mit einem Fällen der Fichten einverstanden gewesen wäre. Das hätte zwar die Rechtswidrigkeit des Vorgehens der Beklagten in den Jahren 1999 und 2001 nicht beseitigt, da die Klägerin seit 1998 Eigentümerin des Grundstücks nach dem Tode ihres Mannes ist. Es hätte jedoch ein Indiz für die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten sein können, die Klägerin habe sich 1999 unter Hinweis auf die frühere Zustimmung ihres Ehemannes mit der Kürzung einverstanden erklärt. Weiteren Beweis haben die Beklagten nicht angetreten. Den Beweisantritt, die Klägerin als Partei zu der Behauptung zu hören, sie habe sich im Jahre 2001 mit der vollstädnigen Abholzung der Fichten einverstanden erklärt, haben die Beklagten nicht aufrechterhalten.
Bei der Schadenshöhe, die sich zusammensetzt aus den Kosten für die Anpflanzung junger Bäume und einer etwaigen Wertminderung des Grundstücks wegen des verbleibenden Restschadens (vgl. Palandt BGB, 62. Auflage, Anmerkung 11 zu § 251), folgt das Gericht den nachvollziehbaren und überzeugenden Gutachten der Sachverständigen zu 3) und zu 4).
Der Sachverständige zu 3) hat die Anpflanzkosten einschließlich Fertigstellungspflege, mit der nach seiner mündlichen Erläuterung auch das Anpflanzrisiko erfasst ist, bei festgestellten 14 Fichtenstubben mit 3.623,14 € brutto ermittelt. Das Gericht folgt auch dem Sachverständigen, soweit dieser für ein Gartengrundstück die übliche Pflanzgröße von 175 bis 200 cm kalkulierthat. Dies hat er überzeugend mündlich damit begründet, dass es vorliegend unabhängig vom Pflegezustand des Grundstücks der Klägerin um eine Pflanzreihe im Garten mit Wohnbebauung geht. Die kleinen und preiswerteren Forstpflanzlinge kommen hingegen üblicherweise nicht bei der Gartenbepflanzung zum Einsatz. Auf dieser fachlichen Grundlage sind die Beklagten verpflichtet, die Kosten für eine entsprechende Gartenanpflanzung im Rahmen des Schadensersatzes zu übernehmen. Die Rechtsprechung (vgl. BGH NJW 2000, 512 f.) stellt zwar auf die Anpflanzung junger Bäume ab. Den Entscheidungen ist jedoch nicht zu entnehmen, dass der Geschädigte verpflichtet ist, fachlich nicht übliche Pflanzmaßnahmen hinzunehmen.
Die Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen zu 1) und zu 2) hat nicht ergeben, dass die gefällten Fichten krank oder standunsicher gewesen wären und deshalb ohnehin hätten gefällt werden müssen. Soweit der Zeuge zu 2) die Einschätzung abgegeben hat, die zunächst stehengebliebene im Jahre 2001 gefällte Fichte sei schmalwüchsig und deshalb umsturzgefährdet gewesen, hat der Sachverständige zu 3) diese Einschätzung nicht geteilt.
Die Beklagten sind auch verpflichtet, die Kosten für das Ausfräsen der Stubben und das Beseitigen des Stammholzes mit einem Aufwand von 2.660,00 € netto = 3.085,60 € brutto zu tragen. Zwar mag es sein, dass die jungen Bäume an anderer Stelle gepflanzt werden können. Die Klägerin braucht es allerdings allein schon aus optischen Gründen nicht hinzunehmen, dass Stammreste aus der unerlaubten Handlung herrührend im Garten verbleiben. Darüber hinaus würde durch eine zukünftige Nutzungsänderung im fraglichen Bereich möglicherweise die Gartennutzung eingeschränkt.
Weitergehende Ersatzansprüche der Klägerin sind nicht gegeben. Nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen zu 2) hat das Grundstück durch das Fällen der Bäume keine Wertminderung erfahren.
Der Zinsanspruch ist nach §§ 284, 246 BGB a. F. begründet.
Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 92 Abs. 1, 100, 709 ZPO.