Wird das Gerät bei einem Brand zerstört, sodass nur noch ein grober Bereich der Brandentstehung festgestellt werden kann, reicht dies für den Fehlerbeweis nicht aus
LG Lüneburg, Urteil vom 30.09.2011, 5 O 242/10
Landgericht Lüneburg
Urteil vom 30.09.2011
5 O 242/10
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…….
Klägerin und Widerbeklagte
Prozessbevollmächtigte: …..
./.
Firma …..
Beklagte und Widerklägerin
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dahlbokum und Dr. Stoppel, Klosterstr. 22, 40211 Düsseldorf
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg durch die Richterin am Landgericht… als Einzelrichterin auf die mündliche Verhandlung vom 16.09.2011
für Recht erkannt
- Die Klage wird abgewiesen.
- Auf die Widerklage hin wird festgestellt, dass der Klägerin auch ein weiterer – über ihren Klageantrag aus dem Schriftsatz vom 10.02.2010 hinausgehender – Anspruch gegen die Beklagte auf Schadenersatz aus dem streitgegenständlichen Schadenereignis vom 29.08.2009 in der … Strasse … in ….. L. nicht zusteht.
- Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Wert: 8.275,76 € (Klage 6.557,68 €, Widerklage 1.718,08 €)
Tatbestand
Die Klägerin will Regress für Aufwendungen, die sie als Gebäudeversicherer der Beklagten anlässlich eines Wohnungsbrandes am 29.08.2009 erbracht hat. An diesem Tag entstand in dem Mehrfamilienhaus …. Strasse … in L., für das bei der Klägerin eine Gebäudeversicherung besteht, ein Wohnungsbrand, in dessen Folge eine im ersten Obergeschoss liegende Mietwohnung sowie die darunter liegende Wohnung durch Ruß und Löschwasser erheblich geschädigt wurde.
Die Klägerin behauptet, der Brand sei durch einen Defekt der in der Mietwohnung aufgestellten Waschmaschine …. entstanden. Diese Waschmaschine ist in der 5. Kalenderwoche des Jahres 2004 von der Beklagten hergestellt und in den Verkehr gebracht worden. Die Klägerin behauptet, diese Waschmaschine sei zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens fehlerhaft gewesen. Es habe entweder einen Fehler in der Steuerungsplatine oder in den Bedienelementen oder dem Kabelbaum zwischen Platine und Bedienelementen vorgelegen, der den Brand verursacht habe. Andere Schadensursachen schieden aus. Die anderen Elektrogeräte in der Küche wie auch die Stromzufuhr könnten als schadenverursachend ausgeschlossen werden. Nach dem Ausschlussprinzip komme deshalb nur ein technischer Defekt in der Waschmaschine als schadenverursachend in Betracht. Der Brandentstehungsbereich sei im hinteren Gerätebereich zu lokalisieren.
Wegen des Vortrages zu den regulieren und nun im Regresswege geltend gemachten Positionen wird auf die Klageschrift verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 6.557,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 09.03.2010 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Widerklagend beantragt sie
festzustellen, dass der Klägerin auch ein weiterer – über ihren Klageantrag aus dem Schriftsatz vom 10.02.2010 hinausgehender – Anspruch gegen die Beklagte auf Schadenersatz aus dem streitgegenständlichen Ereignis vom 29.08.2009 in der … Straße … in L. nicht zusteht.
Die Klägerin beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte meint, nach den Umständen sei davon auszugehen, dass das Produkt zum Zeitpunkt des in Verkehrbringens gerade keinen Fehler besaß, sondern dass der Brand entweder durch Fehlgebrauch oder mangelnde Wartung entstanden sei oder dass der Brand durch ein Verschleißteil ausgelöst worden sei. Den Feststellungsantrag begründet sie damit, dass die Klägerin sich mit vorgerichtlichem Schreiben vom 27.10.2009 einer Forderung von insgesamt 8.275,76 € bemüht habe. (6.590,39 € Gebäudeschaden sowie Gutachterkosten 1.685,37 €). Hiervon habe sie 500,00 € gem. § 11 ProdHaftG sowie weitere 20 % pauschal abgezogen. Dies sei kein dauerhafter Forderungsverzicht. Deshalb sei nicht auszuschließen, dass die Klägerin die in Abzug gebrachten Beträge im Falle ihres Obsiegens noch nachfordern werde.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Auf das schriftliche Gutachten vom 15.03.2011 sowie die Ergänzung vom 09.05.2011 und die Stellungnahme vom 17.06.2011 wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Sowohl für einen Anspruch aus § 3 ProdHaftG als auch für einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten hatte die Klägerin darzulegen und zu beweisen, dass ein Fehler an der Waschmaschine vorgelegen hat, der letztlich zu der Brandentstehung geführt hat. Dieser Beweis ist ihr nicht gelungen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen kann letztlich nicht mehr ermittelt werden, welcher Fehler hier konkret vorgelegen hat. Dies liegt insbesondere daran, dass die Waschmaschine bei dem Brand so stark zerstört worden ist, dass höchstens noch ein grober Bereich der Brandentstehung festgestellt werden kann. Dies reicht aber nicht aus.
Der Sachverständige hat im Übrigen ausgeführt, dass beispielsweise auch durch Schwingungen wegen nicht korrekter Aufstellung Kurzschlüsse und letztlich auch Brände entstehen können. Danach kann ein Fabrikationsfehler, der bereits bei Übergabe der Maschine vorgelegen hat, nicht nachgewiesen werden.
Auch ein Konstruktionsfehler kann nach dem Gesagten nicht nachgewiesen werden, da nicht auszuschließen ist, dass der Fehler durch einen Fehlgebrauch entstanden ist. Es ist auch nicht ersichtlich, dass jegliche Art von Brand durch den Einbau von Schutzvorrichtungen wie einem FI – Schalter hätte verhindert werden können. Dieser mag zwar Brände verhüten, die durch Fehlerstrom verursacht werden. Hier kann aber gerade nicht festgestellt werden, worauf der Brand genau beruht. Es gibt durchaus auch Brandentstehungsursachen, bei denen Fehlerstrom keine Rolle spielt.
Im Übrigen müsste im Rahmen der Prüfung, ob ein Konstruktionsfehler vorliegt, abgewogen werden, ob der Beklagten mögliche Schutzmaßnahmen wirtschaftlich zumutbar sind, wenn man sie mit dem Risiko, das ausgeschaltet werden soll, abgleicht. Es ist evident, dass eine solche Abwägung die genaue Kenntnis des Fehlers voraussetzt. Deswegen sind die Erwägungen der Klägerin dazu, dass die einzig denkbare Brandursache ein Fehler der Waschmaschine sein muss, zwar möglicherweise zutreffend, können aber gleichwohl eine Haftung der Beklagten nicht begründen.
Die Klage war daher abzuweisen.
Auf die Widerklage war wie beantragt zu erkennen. Das Feststellungsinteresse der Beklagten ergibt sich aus den Ausführungen der Klägerin in der Klageschrift S. 5.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.