Streit um eine Kaufpreisminderung wegen nicht genannter Mängel im Zusammenhang mit einem Gebrauchtwagenkauf
LG Düsseldorf, Urteil vom 24.06.2015, 11 O 156/13
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 24.06.2015
11 O 156/13
Im Namen des Volkes
Urteil
Herrn …
Kläger
Prozessbevollmächtigten: Rechtsanwalt Volker Dahlbokum LL.M.Eur., LL.M., Klosterstr. 22, 40211 Düsseldorf
./.
Herrn …
Beklagten
hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 03.06.2015 durch die Richterin am Landgericht … als Einzelrichterin
für Recht erkannt
- Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.267,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.07.2012 zu zahlen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 18 %, der Beklagte zu 82 %.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch die jeweilis andere abwenden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in selber Höhe leistet
Tatbestand
Die Parteien streiten um Ansprüche wegen Kaufpreisminderung im Zusammenhang mit einem Gebrauchtwagenkauf.
Der Beklagte als Privatverkäufer stellte im Jahr 2012 über den e-bay-Account seiner Bekannten, Frau …, einen Gebrauchtwagen der Marke … (Fahrgestellnummer: …) auf der Onlineplattform e-bay zum Verkauf ein. Im Rahmen der Beschreibung gab er an, dass das Fahrzeug u. a. mit Schiebedach, einer Standheizung, einem Memory-System für die Vordersitze, einer abnehmbaren Anhängerkupplung und einer Laderaumdeckung ausgestattet ist. Tatsächlich fehlten bei dem Pkw diese Aussattungsmerkmale bzw. bei der Anhängerkupplung der Schlüssel, so dass diese tatsächlich nicht abnehmbar ist. Das Fahrzeug wies darüber hinaus einen Unfallschaden am vorderen linken Fahrzeugbereich auf, der aus einem Unfallereignis vom 09.04.2012 stammt. Der Kilometerstand wurde mit ca. 149.000 Kilometern angegeben. Weiterhin wurde die Sachmängelfreiheit des Kfz bestätigt und die Gewährleistung ausgeschlossen. Es wurde zudem auf einen kleinen Unfall im Bereich der Heckstoßstange hingewiesen. Das e-bay Angebot enthielt auch folgende Aussage: „Der Vorbesitzer hat bei 130.000 das Getriebe bei Mercedes Benz erneuert“. Der Kläger ersteigerte den Gebrauchtwagen mit einem Endgebot von 9.770,00 €.
Das Fahrzeug wurde dem Kläger mit einem Kilometerstand von 150.000 Kilometern am 08.06.2012 übergeben. Am selben Tag unterzeichneten die Parteien einen schriftlichen Kaufvertrag über das Kfz. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von 9.670,00 € angegeben, den der Kläger bar bezahlte. Die Differenz von 100,00 € zwischen dem Kaufpreis aus e-bay und dem gezahlten Betrag ergibt sich aufgrund eines Nachlasses seitens des Beklagten. Streitig zwischen den Parteien ist, aus welchem Grund der Nachlass gewährt wurde. In dem schriftlichen Kaufvertrag erklärte der Beklagte, „dass das Kfz während seiner Zeit als Eigentümer und – soweit ihm bekannt – auch früher unfallfrei war [und] keine sonstigen erheblichen Beschädigungen erlitt“. Auch in dem schriftlichen Vertrag wurde ein Gewährleistungsausschluss vereinbart. Dem Kläger wurde am selben Tag der Fahrzeugbrief ausgehändigt. In diesem war nicht der Beklagte, sondern ein Herr … aufgeführt.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.06.2012 setzte der Klägervertreter dem Beklagten eine Frist zur Zahlung eines Betrages von insgesamt 4.616,13 € (4.170,00 € wegen der Kaufpreisminderung und 446,13 € an außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten) bis zum 05.07.2012. Die Frist verstrich fruchtlos.
Der Kläger ist der Ansicht, sowohl der Schadem im hinteren Kotflügelbereich auf der Beifahrerseite wie auch der Schaden am vorderen linken Kfz-Bereich seien mehr als bloße Bagatellschäden.
Nach Klageerhöhung mit Schriftsatz vom 17.01.2013 hinsichtlich des Antrags zu Ziffer 3, hier erstmals angekündigt, beantragt der Kläger,
- den Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.170,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.07.2012 zu zahlen;
- den Beklagten zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Kosten in Höhe von 466,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.07.2012 zu zahlen;
- den Beklagten zu verurteilen, 2.996,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz an ihn seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er behauptet, der Betrag von 100,00 € sei wegen der fehlenden Rad Raumdeckung nachgelassen worden. Er ist der Ansicht, er sei nicht der richtige Beklagte, da er nicht Eigentümer des Kfz sei. Vielmehr sei Herr … der Eigentümer, wie sich aus dem Fahrzeugbrief ergebe. Er sei von Herrn … unentgeltlich beauftragt worden, das Kfz für ihn zu verkaufen. Dies sei durch die Vorlage des Fahrzeugbriefs offengelegt worden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die den Akten gereichten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 18.12.2013 durch Einholung eines Kfz-Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Gutachten vom 07.05.2014 sowie das Ergänzungsgutachten vom 13.10.2014.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist lediglich im tenorierten Umfang begündet, im Übrigen unbegründet.
Die Klage ist zulässig. Die Klageerweiterung ist gemäß § 264 Ziffer 2 zulässig.
Die Klage ist nur zum geringen Teil begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 1.267,00 € aus den §§ 433, 434, 437 Nr. 2, 441 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1, 2, 346 Abs. 1 BGB. Der Beklagte ist als Verkäufer des Kfz passivlegitimiert. Unstreitig stellte der Beklagte das Kfz auf e-bay ein und geht auch aus dem schriftlichen Kaufvertrag vom 08.06.2012 als Verkäufer hervor. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Beklagte behauptet, lediglich ein Vertretungsgeschäft für Herrn … geführt zu haben. Der Beklagte ist insoweit nicht wirksam als Vertreter gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB aufgetreten. Die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen der Stellvertretung obliegt dem Vertreter. Es fehlt hier am Merkmal des Handels in fremdem Namen (Offenkundigkeit der Vertretung). Der Vertretungswille des Beklagten geht weder aus dem e-bay Angebot hervor, noch daraus, dass in dem unstreitig vorgelegten Kfz-Brief Herr … eingetragen war. In dem e-bay Angebot wurden keinerlei Angaben bezüglich einer Vertretung gemacht. Zudem sagt allein die Eintragung des Herrn … in den Kfz-Brief nichts über eine mögliche Stellvertretung aus. Daraus ergibt sich nicht, dass der Beklagte nicht Verkäufer ist. Die wirksame materiell-rechtliche Verpflichtung im Rahmen eines Kaufvertrags setzt insoweit nicht die Eigentümerstellung an der zu verkaufenden Sache voraus.
Erfolgreich hat der Kläger den Kaufpreis von 1.267,00 €, ausgehend von dem tatsächlich gezahlten Betrag von 9.670,00 €, gemindert. Zustande kam der Kaufvertrag mit Ablauf der Auktionsfrist auf der Online Plattform e-bay und dem Höchstgebot des Klägers in Höhe von 9.770,00 € gemäß den §§ 154 ff. BGB. Insoweit wurde der Kaufvertrag durch schriflichen Zusatzvertrag vom 08.06.2012 hinsichtlich des Kaufpreises um 100,00 € modifiziert, so dass der neue Kaufpreis 9.670,00 € betrug. Eine weitere Änderung erfolgte hinsichtlich der Abgabe einer eingeschränkten Bestätigung der Unfallfreiheit, die erstmals mit Vertrag vom 08.06.2012 erfolgte.
Hinsichtlich der klägerseits geltend gemachten Mängel gilt Folgendens:
Überwiegend liegen keine zur Minderung berechtigende Mängel vor:
Bezüglich des Schiebedachs wurde keine Beschaffenheitsvereinbarung § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB getroffen. Offensichtlich war insoweit, dass sich in dem Kaufangebot widersprüchliche Angaben über dasselbe Ausstattungsmerkmal befinden. Das Schiebedach war in der e-bay Anzeige des Beklagten als Ausstattung ausgeführt. Zusätzlich zu der Artikelbeschreibung hatte der Beklagte einige Bilder von dem streitgegenständlichen Fahrzeug hochgeladen. Auf mindestens zwei derselben ist das Dach des Fahrzeugs gut zu sehen. Hierbei wird deutlich, dass das Dach nicht über ein Schiebedach verfügt. Dies ist auch für einen Laien mit ungeschultem Blick sofort erkennbar. Ob ein Sachmangel gemäß § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder 2 BGB vorliegt, kann dahinstehen, da bezüglich des Schiebedachs der vereinbarte Gewährlesitungsausschluss greift. Dieser ist nicht gemäß § 444 BGB ausgeschlossen, da der Beklagte das Fehlen des Schiebedachs nicht arglistig verschwiegen hat. Insoweit hatte der Beklagte bereits keine Tatsachengrundlage, da er nie überprüft hatte, ob die Ausstattungsmerkmale beim Kfz tatsächlich vorliegen.
Soweit der Kläger einen Getriebeschaden geltend macht, greift der zwischen den Parteien vereinbarte Gewährleistungsausschluss ein. Dem steht kein arglistiges Verschweigen des Mangels gemäß § 444 BGB durch den Beklagten als Verkäufer entgegen. Von einer Behauptung des Beklagten ins Blaue hinein, dass das Getriebe ausgetauscht worden ist, geht das Gericht nicht aus. In der e-bay Anzeige war lediglich die Rede davon, dass das Getriebe vom Vorbesitzer ausgetauscht wurde. Dies stellt eine Wissenserklärung dar, eine Wiedergabe der Aussage des Vorbesitzers ohne eigene Überprüfung. Da eine Nachfrage diesbezüglich vom Kläger nicht vorgetragen worden ist, oblag eine eigene Überprüfung dem Beklagten jedenfalls auch nicht.
Allerdings war ein Minderungsbetrag in Höhe von insgesamt 1.267,00 € zuzusprechen, wobei 967,00 € auf den Minderungsbetrag wegen unfallbedingter Beschädigung des Kfz entfallen. Ein Anspruch ergibt sich insoweit aus den §§ 433, 437 Nr. 2, 441 BGB. Ein zur Minderung berechtigender Mängel am Kfz liegt aufgrund der an dem Kfz bestehenden Unfallschäden im vorderen linken Kfz-Bereich und im hinteren Koflügelbereich auf der Beifahrerseite vor. Insoweit Kfz-Bereich und im hinteren Kotflügelbereich auf der Beifahrerseite vor. Insoweit steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Einholung des Sachverständigengutachtens zur Überzeugung des Gerichts fest, dass wie vom Kläger vorgetragen, eine Beschädigung vorne links und Reparaturmängel auf der rechten Fahrzeugseite gegeben sind. Tatsächlich wären zur ordnungsgemäßen Reparatur Kosten in Höhe von 2.194,65 € netto aufzuwenden (vgl. Bl. 12 des Sachverständigengutachtens). Damit geht der Schaden über einen reinen zu vernachlässigenden Bagatellschaden jedenfalls hinaus. Auch wenn aus technischer Sicht eine Mängelbeseitigung nicht erforderlich ist, da die Mängel keinen Einfluss auf die Nutzung und die durchschnittlich zu erwartende Nutzungsdauer des Kfz haben, sondern lediglich eine Beeinträchtigung des optischen Erscheinungsbildes vorliegt, liegt dennoch kein zu vernachlässigender Bagatellschaden vor. Der Haftungsausschluss im Kaufvertrag greift gemäß § 444 BGB aufgrund der Beschaffenheitsgarantie (Unfallfreiheit) insoweit nicht ein. Gemäß den Ausführungen des Sachverständigen, die jederzeit nachvollziehbar und überzeugend sind, ist eine Minderung des Kaufpreises in Höhe von 10 %, d. h. in Höhe von insgesamt 967,00 €, angemessen für die Unfallschäden.
Hinzu kommt ein Minderungsanspruch in Höhe von insgesamt 300,00 € für die fehlende Memorysitzeinstellung vorn, fehlende Laderaumabdeckung, die Standheizung und den Schlüssel der Anhängerkupplung. Eine Berufung des Klägers auf das Vorliegen dieser Mängel ist entgegen der Ansicht des Beklagten nicht treuwidrig, § 242 BGB. Für seinen diesbezüglichen Vortrag, der Kläger habe das Fehlen dieser Ausstattungsmerkmale vor Absetzen des schriftlichen Kaufvertrages vom Beklagten mitgeteilt bekommen und gleichwohl den schriflichen Kaufvertrag aufgesetzt, blieb der Beklagte beweisfällg.
Für die vorgenannten Mängel ist insgesamt ein Minderungsbetrag gemäß den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen in Höhe von 300,00 € gerechtfertigt.
Der Beklagte hat die Minderung durch seinen Prozessbevollmächtigten gemäß § 441 Abs. 1 BGB mit Schreiben vom 22.06.2012 erklärt. Insoweit kann die Rückforderung des Betrages von 4.170,00 € für Mängel dahingehend ausgelegt werden, dass Minderung beansprucht wird, §§ 133, 157 BGB.
Die übrigen Voraussetzungen gemäß § 441 Abs. 1, 323 BGB liegen vor. Eine Fristsetzung für die Mängelbeseitigung gemäß §§ 281, 411, 440 BGB war entbehrlich, da der Beklagte mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 03.08.2012 die vorgetragenen Beanstandungen insgesamt zurückwies.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286, 288 BGB aufgrund des Schreibens vom 22.06.2012 unter Fristsetzung auf den 05.07.2012 seit dem 01.07.2012.
Rechtsanwaltskosten waren, da sie keinen Verzugsschaden darstellen bzw. dies nicht vorgetragen ist, gemäß den §§ 280, 286 BGB nicht als solcher Verzugsschaden ersatzfähig.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 709 Abs. 1 ZPO.