Kein Gewährleistungsausschluss gem. § 444 BGB bei arglistigem Verschweigen eines Mangels. Gerichtsstand des Erfüllungsortes gem. § 29 ZPO bei Wandlungsklage
AG Göttingen, Urteil vom 15.01.2003, 20 C 105/02
Amtsgericht Göttingen
Urteil vom 15.01.2003
20 C 105/02
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
Herrn …
Kläger
./.
Herrn …
Beklagter zu 1)
Herrn …
Beklagter zu 2)
Prozessbevollmächtigten: Rechtsanwalt Volker Dahlbokum, LL.M.Eur., LL.M., Klosterstr. 22, 40211 Düsseldorf
hat das Amtsgericht Göttingen auf die mündliche Verhandlung vom 28.08.2002 durch die Richterin am Amtsgericht …
für Recht erkannt
- Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 4.966,46 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf 3.716,63 € seit dem 12.04.2002 und 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf 149,52 € seit em 18.05.2002 sowie 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf 1.100,13 € seit dem 29.08.2002 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des PKW VW Golf Cabriolet, Erstzulassung 16.05.1993, Fahrzeug-Ident.-Nr. …, einschließlich der dazugehörigen Fahrzeugpapiere.
- Die Beklagten befinden sich seit dem 12.04.2002 mit der Rücknahme des streitgegenständlichen PKWs in Annahmeverzug.
- Es wird festgestellt, dass sich der Rechtsstreit im Übrigen in der Hauptsache erledigt hat.
- Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.
- Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung des Kaufpreises und Schadenersatzansprüche aus einem Gebrauchtwagenkauf.
Am 16.03.2002 erwarb der Kläger einen gebrauchten PKW Typ VW Golf Cabriolet. Den schriftlichen Kaufvertrag unterzeichneten der Kläger und auf Verkäuferseite der Beklagte zu 1). Im schriftlichen Kaufvertrag war eingangs aufgeführt: „Kaufvertrag zwischen Herrn K. B. in B. (Verkäufer)“, wobei handschriftlich unter dem Namen K. B. zusätzlich „R. B.“ vermerkt war. Der Beklagte zu 2) hatte zuvor den Wagen unter seinen Namen im Internet zum Verkauf angeboten. Er nutzte den Wagen auf eigene Rechnung. Nachdem der Kläger unter der im Internet angegebenen Festnetznummer angerufen und sich der Beklagte zu 1) gemeldet hatte, erklärte der Beklagte zu 1), der Kläger möge auf der Arbeitsstelle des Beklagten zu 2) anrufen, da es sich ohnehin um dessen Kraftfahrzeug handele. Der Kläger befragte den Beklagten zu 2) nach Unfallschäden. Der Beklagte zu 2) erklärte hierzu, wie in der mündlichen Verhandlung unstreitig wurde, der Wagen habe einen leichten Blechschaden gehabt, weswegen der linke Kotflügel und der linke Scheinwerfer ausgetauscht worden seien. Dies wiederholte er bei der Besichtgung des Wagens durch den Bruder des Klägers, den Zeugen ….
Unter § 2 des Kaufvertrags heißt es: „Nach Besichtigung und Probefahrt kauft der Käufer das Fahrzeug wie besichtigt. Der Verkäufer schließt jegliche Mängelgewährleistung aus. Der Verkäufer sichert zu, dass ihm verborgene Mängel des Fahrzeugs nicht bekannt sind…“ Der Kaufpreis betrug 5.200,00 €, die Laufleistung etwa 100000 km. Die Erstzulassung erfolgte 5/93. Wegen der Einzelheiten des schriftlichen Kaufvertrags wird Bezug genommen auf den Kaufvertrag Bl. 5-6 d. A.
Der Originalkraftfahrzeugbrief des Wagens war zum Zeitpunkt des Verkaufs des Wagens abhanden gekommen, ein Ersatzbrief aber bereits beantragt worden. Der streitgegenständliche PKW war seit dem 25.04.1997 auf den Beklagten zu 1) zugelassen, zuvor auf den Zeugen … Der Zeuge … hatte, was unstreitig geblieben ist, mit dem Fahrzeug keine Unfälle erlitten.
Der Kläger erlitt mit dem Wagen zwischen dem 16.03.2002 und dem 26.03.2002 einen unverschuldeten Unfallschaden, für dessen Behebung der Sachverständige … 1.100,13 € einschließlich Mehrwertsteuer veranschlagte. Die Schäden wurden bis zum 19.08.2002 sach- und fachgerecht behoben. Der Kläger erlitt mit dem Wagen einen weiteren verschuldeten Unfall, dessen Behebung einen Kostenaufwand von 2.221,10 € zzgl. Mehrwertsteuer erforderte. Diese Schäden wurden ebenfalls bis zum 19.08.2002 sach- und fachgerecht behoben.
Der Wagen weist eine faltige Stauchung des linken vorderen Längsträgers auf, die nicht repariert ist. Darüber hinaus wurden das vordere Abschlussblech, die vordere linke Ecke der Motorhaube sowie die Fahrertür bereits jedenfalls einmal unfallbeschädigt. Durch die faltige Stauchung des Längsträngers ist die passive Sicherheit des Wagens erheblich beeinträchtigt. Der Sachverständige … hat für die Begutachtung dieses Sachschadens 149,52 € dem Kläger in Rechnung gestellt. Er hat in seinem Gutachten vom 30.04.2002 den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs auf 3.879,31 € zzgl. Mehrwertsteuer, insgesamt 4.500,00 € geschätzt.
Unter dem 27.03.2002 forderte der Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrags von den Beklagten. Unter dem 12.04.2002 lehnte der Verteter des Beklagten zu 1) die Forderung ab und erklärte überdies, dass Verkäufer nur der Beklagte zu 1) gewesen sei.
Der Kläger fuhr mit dem Wagen täglich 50 km zu seiner Arbeitsstelle und hat den Wagen auf seinen Namen umgemeldet.
Der Kläger behauptet, der Beklagte zu 2) habe am 02.04.2002 telefonisch gegenüber der Klägervertreterin die Rücknahmeverpflichtung anerkannt. Die Unterzeichnung des Kaufvertrags durch den Beklagten zu 1) sei auch in Vertretung für den Beklagten zu 2) erfolgt. Die Stauchfalte sei ca. 1 – 2,5 Jahre vor der am 05.04.2002 durch den Sachverständigen … erfolgten Besichtigung des PKWs entstanden, mithin während der Sachherrschaft der Beklagten. Es sei für jeden Laien ersichtlich gewesen, dass nicht nur der Kotflügel vorne links, sondern auch Motorhaube, vorderes Abschlussblech und Fahrertür betroffen waren. Allein durch die Wucht des Aufpralls habe sich für den Beklagten zu 2) zwingend der Schluss aufdrängen müssen, dass es zu einer gravierenderen Beschädigung gekommen sein könnte, das arglistige Verschweigen des Fehlers liege auf der Hand. Der Beklagte zu 2) habe zudem durch seine Äußerungen zum Bagatellschaden eine Beschaffenheitsgarantie übernommen.
Der Kläger behauptet, der zweite verschuldete Unfall beruhe nur auf leichter Fahrlässigkeit; unstreitig wurde er durch die Kaskoversicherung ausgeglichen.
Er meint, zur Ummeldung des Fahrzeugs sei er aus Schadensminderungsgesichtspunkten berechtigt gewesen, da ansonsten die Anmietung eines Ersatzwagens auf Kosten der Beklagten hätte erfolgen dürfen.
Nachdem der Kläger ursprünglich beantragt hat, 1. die Beklagten zu verurteilen, an ihn als Gesamtschuldner 4.040,35 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf 3.890,83 € seit de, 12.04.2002 und 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf restliche 149,52 € seit dem 18.05.2002 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des PKW VW Golf Cabriolet, einschließlich der dazugehörigen Fahrzeugpapiere, und 2. festzustellen, dass sich die Beklagten seit dem 12.04.2002 mit der Rücknahme des streitgegenständlichen PKW in Annahmeverzug befinden, hat der mit Schriftsatz vom 26.08.2002, den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 28.08.2002 zugestellt, den Rechtsstreit in Höhe von 174,20 € in der Hauptsache für erledigt erklärt. Zur teilweisen Erledigung führt der Kläger aus, dass er seit Übergabe des Fahrzeugs mit diesem insgesamt 11000 km gefahren sei. In der ursprünglichen Klageforderung waren erst 6000 km berücksichtigt. Je 1000 km Laufleistung setzt er 0,67 % des Kaufpreises als Nutzungsersatz ab. Klageerweitend setzt er, nachdem ein im Herrschaftsbereich des Klägers erlittener Unfall sach- und fachgerecht repariert ist, nicht mehr die ursprünglich vom Kaufpreis in Abzug gebrachten, durch Sachverständigengutachten ermittelten fiktiven Reparaturkosten von 1.100,13 € ab.
Der Kläger beantragt nunmehr,
wie erkannt.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten rügen die örtliche Unzuständigkeit des Amtsgerichts Göttingen.
Der Beklage zu 2) sei nicht Vertragspartner geworden, sondern habe bei der Abwicklung des Kaufvertrags lediglich ein wenig mitgewirkt.
Ursprünglich haben die Beklagten behauptet, der Beklagte habe auf die Frage nach Unfallschäden nur geantwortet, dass das Fahrzeug einen Unfallschaden hatte, wobei der linke Kotflügel beschädigt und demzufolge ausgetauscht wurde. In der mündlichen Verhandlung wurde der klägerische Vortrag unstreitg gestellt.
Der Kläger habe vermutlich den Schaden am Längsträger selbst verursacht. Die behaupteten Schäden, insbesondere ein Längsträgerschaden, seien jedenfalls den Beklagten nicht bekannt. Alle Schäden, die die Beklagten durch den Auffahrunfall aufgrund ihrer Laienkenntnis hätten feststellen können, hätten sie fachgerecht beheben lassen.
Die Beklagten meinen, der Kläger habe durch Ummeldung und Beantragung des Ersatzkraftfahrzeugbriefs auf Gewährleistungsrechte jedenfalls verzichtet. Ein Wandlungsanspruch sei jedenfalls durch die Weiternutzung und Ummeldung des Wagens verwirkt worden, jedenfalls aber durch den schuldhaft verursachten zweiten Unfallschaden.
Hilfsweise rechnen die Beklagten mit einem vermeintlichen Anspruch in Höhe von 1.320,69 €, der Differenz zwischen dem Kaufpreis von 5.200,00 € und dem im Gutachten des Sachverständigen … errechneten Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs vom 3.879,31 € ohne Mehrwertsteuer auf, da es sich hierbei nach Ansicht der Beklagten um den Betrag einer durch den Kläger schuldhaft verursachten Wertminderung des Fahrzeugs handele, für die dieser schadensersatzpflichtig sei.
Die Feststellungsklage sei mangels Feststellungsinteresse unzulässig.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen … und des Zeugen … Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.08.2002 (Bl. 95 – 99 d. A.).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig.
Das Amtsgericht Göttingen ist für den Rechtsstreit gem. § 29 ZPO zuständig. Hier befindet sich der streitgegenständliche Kraftwagen. Da der Kaufvertrag beiderseitig erfüllt wurde und der Käufer auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgewähr der Kaufsache klagt, ist Erfüllungsort und damit Gerichtsstand der Ort, wo sich die Kaufsache zur Zeit des Rücktritts nach dem Vertrag befindet, dem „Austauschort“; da an diesem Ort die Kaufsache zurückzugewähren ist (vgl. Zöller 23. Aufl. 2002 § 29 Rdnr. 25 Stichwort „Kaufvertrag“ m.w.N).
Hinsichtlich des Feststellungsantrags auf Annahmeverzug besteht ein Feststellungsinteresse, da die Feststellung dem Kläger bei Obsiegen ermöglicht, den Zahlungsanspruch zu vollstrecken, ohne des Wagens durch den Gerichtsvollzieher tatsächlich anbieten zu müssen.
Die Klage ist auch begründet.
Dem Kläger steht aus §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 281, 311 a BGB ein Recht zum Rücktritt vom Vertrag gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) zu.
Beide Beklagte sind Vertragspartner des Klägers. Die Unterschrift unter dem schriftlichen Vertrag leistete der Beklagte zu 1), als Vertragsparteien waren beide Beklagten aufgeführt. Hinsichtlich des Beklagten zu 1) ist der Erklärungswert eindeutig und wird von dem Beklagten zu 1) den Beklagten zu 2) bei Vertragsabschluss. Selbst wenn der Beklagte zu 2) keinen Bevollmächtigungswillen gehabt haben sollte, so duldete er es doch, dass der Beklagte zu 1) bei Vertragsunterzeichnung für ihn als Vertreter auftrat. Dem Beklagten zu 2) war der Inhalt des Kaufvertrags bekannt. Er wusste, dass er als Vertragspartei aufgeführt war. Es mag sein, dass, wie die Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28.08.2002 angegeben haben, die Namen beider Beklagten aufgeführt wurden, da der Originalfahrzeugbrief abhanden gekommen war. Der Beklagte zu 2) wusste, dass der Beklagte zu 1) einen Kaufvertrag unterzeichnete, in dem auch er als Verkäufer aufgeführt war, mithin für ihn wie ein Vertreter auftrat. Der Kläger durfte dieses Auftreten auch nach Treu und Glauben dahin verstehen, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt war. Der Beklagte zu 2) kann sich deshalb wegen des Verbots widersprüchlichen Verhaltens auf den fehlenden Bevollmächtigunsgwillen berufen. Ein gegebenenfalls vorhandener Wunsch des Beklagten zu 2), den Kauf nur zu vermitteln, wurde von diesem nicht offengelegt.
Der PKW wies bei Übergabe an den Kläger einen Sachmangel auf, da er nicht die vereinbarte Beschaffenheit hatte.
Der Beklagte zu 2) hatte, wie in der mündlichen Verhandlung vom 28.08.2002 unstreitig geworden ist, auf die Frage nach Unfallschäden im Rahmen der Vertragsverhandlungen erklärt, dass ein leichter Blechschaden vorne links vorgelegen habe, der zum Austausch des linken Kotflügels und des linken Scheinwerfers geführt habe.
Der Wagen weist eine nicht behobene faltige Stauchung des linken vorderen Längsträgers auf, wodurch die passive Sicherheit stark beeinträchtigt ist. Weiter liegen Reparaturen im Bereich des vorderen Abschlussblechs, der vorderen linken Ecke der Motorhaube und der Fahrertür vor. Die hat der Sachverständige … in der mündlichen Verhandlung vom 28.08.2002 überzeugend dargelegt. Der Kläger hat auch bewiesen, dass die Stauchung des Längsträgers vor Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger und nach Erwerb des Kraftfahrzeugs durch den Beklagten zu 1) erfolgte. Der Sachverständige konnte ausschließen, dass die Stauchung des Längsträgers sich vor dem 25.07.1997 und nach der Übergabe an den Kläger ereignete. Dies war ihm in überzeugender Weise aufgrund der Rostvernarbungen und der abgelösten Farbe am Knick möglich.
Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung zur Beseitigung des Mangels war gem. § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB entbehrlich, da besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen. Die Abweichung von der Beschaffenheitsvereinbarung kann nicht durch Nachbesserung behoben werden. Denn die Eigenschaft, ein Fahrzeug zu sein, das einen über einen reinen Blechschaden hinausgehenden, tragende Teile erfasst habenden Unfall erlitten hat, ist irreparabel und auch durch eine fachgerechte Reparatur nicht behebbar.
Auf den in § 2 des Kaufvertrags vereinbarten Gewährleistungsausschluss können sich die Beklagten gem. § 444 BGB nicht berufen, da jedenfalls der Beklagte zu 2) den Mangel arglistig verschwiegen hat, was zur Ausschaltung der Freizeichnungsklausel reicht (vgl. Reinking/ Eggert, Der Autokauf, 7. Aufl. Rdnr. 1863 m.w.N.).
Der Beklagte zu 2) hielt die den Fehler ausmachenden Tatsache bei Vertagsschluss wenigstens für möglich. Seine Darlegungspflicht hat der Kläger schon durch den Vortrag von Indiztatsachen, aus denen der Verkäufer auf das Vorliegen des Sachmangels hat schließen müssen, erfüllt. (vgl. Reinking/ Eggert, a.a.O., Rdnr. 1858 m.w.N.). Der Unfall ereignete sich nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen während der Halter- und Nutzereigenschaft des Beklagten zu 2). Es wurde nicht nur der von den Beklagten angegebene Kotflügel und Scheinwerfer ausgetauscht, sondern auch Reparaturen an Haube, Abschlussblech und Tür vorne links durchgeführt. Die Beklagten haben nicht vorgetragen, dass das Fahrzeug während dieser Zeit an Dritte weitergegeben worden wäre, während deren Sachherrschaft sich der Unfall ereignet haben könnte und welche den Wagen sodann unzureichend repariert zurückgegeben hätten. Die Beklagten haben sich auch nicht durch die Vorlage von Werkstattrechnungen entlastet. Sie beschränken sich auf die Behauptung, alle Schäden, die sie durch den Auffahrunfall aufgrund ihrer Laienkenntnis hätten feststellen können, fachgerecht hätten instandsetzen lassen. Dieses Vorbringen ist in Anbetracht der dezidierten Feststellungen des Sachverständigen, welche Reparaturarbeiten hätten durchgeführt werden müssen, unsubstantiiert. Die tatsächlich durchgeführten Arbeiten hätten sich bereits bei fachgerechter Reparatur aus der Werkstattrechnung ergeben.
Der Kläger kann deshalb von den Beklagten die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangen, ohne dass festgestellt werden musste, ob die Parteien sich am 02.04.2002 auf eine einverständliche Rückabwicklung geeignet haben.
Der Kläger hat diesen Anspruch auch nicht verwirkt. Dies kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, wenn der Käufer das Fahrzeug über einen längeren Zeitraum oder außergewöhnlich intensiv genutzt hat, bevor er sich zum Rücktritt entschloss. Der Kläger verlangte hier bereits wenige Wochen nach Erwerb des Fahrzeugs dessen Rücknahme. Die Nutzung des Wagens erfolgte zu einem großen Teil berufsbedingt. Ein von der Rechtsprechung geforderter krasser Ausnahmefall liegt damit nicht vor.
Entgegen § 351 BGB a. F. ist gem. § 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB n. F. der Rücktritt selbst bei Untergang der Sache nicht ausgeschlossen.
Der Kläger hat nicht gem. § 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB n. F. Wertersatz zu leisten. Die im Herrschaftsbereich des Klägers erlittenen Unfälle führten nicht zu einer Verschlechterung der Sache. Denn die Schäden sind sach- und fachgerecht behoben worden, ohne dass es zu einer Wertminderung kam. Eine Wertminderung entfällt angesichts des Alters und der Laufleistung des Wagens. Sie ergibt sich auch nicht aus dem Gutachten vom 30.04.2002, welches einen Wiederbeschaffungswert von 4.500,00 € ausweist. Denn dieser bezieht sich auf den Fahrzeugwert vor dem begutachteten Unfallereignis. Zudem ist der Wert auch nicht, wie dies die Beklagten tun, mit dem ursprünglichen, wie das Gutachten erwies, überhöhten Kaufpreis gleichzusetzen.
Der Kläger kann im Wege des Schadensersatzes auch die Gutachterkosten erstattet verlangen.
Er muss die tatsächlich gezogenen Gebrauchtsvorteile sich anspruchsmindernd entgegenhalten lassen. Diese sind vom Kläger mit 0,67 % des Kaufpreises je gefahrene 1000 km angemessen in Abzug gebracht worden. Einen Teilbetag hat der Kläger bereits in der ursprünglichen Klageforderung berückichtigt, die nach Klageerhebung weiter zurückgelegten Kilometer berücksichtigt, in dem er den Rechtsstreit in Höhe von 174,20 € in der Hauptsache für erledigt erklärt hat.
Hinsichtlich der im Wege der Klageerweiterung geltend gemachten 1.100,13 € handelt es sich um die ursprünglich gemäß dem Sachverständigengutachten abgesetzten voraussichtlichen Reparaturkosten. Nachdem die Schäden fachgerecht ohne Verbleib einer Wertminderung beseitigt wurden, besteht ein Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises, ohne dass dieser Person nicht in Abzug zu bringen war.
Die Beklagten können nicht mit einem Betrag von 1.320,69 € aufrechnen, da wie dargelegt, es sich hierbei nicht um den Posten einer Wertminderung des Fahrzeugs handelt.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 286 BGB.
Die Feststellung des Annahmeverzugs beruht auf §§ 293, 298 BGB. Unter dem 12.04.2002 verweigerten die Beklagten die Rückabwicklung des Vertrags.
In Höhe von 174,20 € ist der Rechsstreit in der Hauptsache erledigt. Die Kürzung des ursprünglich zurückverlangten Kaufpreises um den Betrag der gezogenen Nutzungen ist als erledigendes Ereignis auszusehen (vgl. Reinking/Eggert, a.a.O., Rdnr. 824)
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
Anmerkung: Das Urteil wurde nicht rechtskräftig. In der Berufungsinstanz (LG Göttingen, 5 S 18/03) haben die Parteien folgenden Vergleich geschlossen:
- Die Beklagten verpflichten sich als Gesamtschuldner, an den Kläger von dem von ihm geleisteten Kaufpreis einen Betrag von 1.000,– EUR zurückzuzahlen.
- Mit dieser vergleichsweisen Regelung sind sämtliche gegenseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Gebrauchtwagenkauf vom 16.03.2002 – gleich aus welchem Rechtsgrund – abgegolten und erledigt. Das Fahrzeug verbleibt beim Kläger.
- Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen und dieses Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.