Startseite » Kein Anspruch auf Löschung von eigenen Forenbeiträgen

Kein Anspruch auf Löschung von eigenen Forenbeiträgen

Forenbeitrag als persönlich geistige Schöpfung im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG – Anforderungen an die Substantiierungspflicht

AG Ratingen, Urteil vom 29.06.2011, 8 C 486/10

Nordrhein Westfalen Wappen

Amtsgericht Ratingen
Urteil vom 29.06.2011
8 C 486/10

Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit

….

Kläger

./.

….

Beklagter zu 1)

….

Beklagte zu 2)

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Volker Dahlbokum, LL.M.Eur., LL.M., Klosterstr. 22, 40211 Düsseldorf

hat das Amtsgericht Ratingen auf die mündliche Verhandlung vom 11.05.2011 durch die Richterin … am Amtsgericht

für Recht erkannt

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des insgesamt zu vollstreckenen Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe zu leisten.

Die Sicherheitsleistungen können auch durch unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft einer auf dem Gebiet der Europäischen Union geschäftsansässigen Bank, Genossenschaftsbank oder öffentlich – rechtlichen Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Der Kläger war unter dem Nutzernamen „…“ in dem Internetforum „….de“ registriert und stellte während der Dauer seiner Mitgliedschaft dort circa 1.000 Beiträge ein. Inhaber der Domain, auf welcher das Internet betrieben wird, ist die Beklagte zu 2). Die Beklagte zu 2) ist im Impressum der Internetseite „….de“ als Domaininhaber unter der Angabe ihrer Adresse genannt. Der Beklagte zu 1) ist als inhaltlich Verantwortlicher gemäß § 10 Abs. 3 MDStV genannt. In den Boardregeln ist ein Anspruch auf Löschung verneint. Der Account wurde gelöscht und alle Beiträge des Klägers, die privaten Daten (Kontaktdaten und Bilder) enthielten, gelöscht. Mit Schreiben vom 12.10.2010 forderte der Kläger den Beklagten zu 1) auf, sämtliche Forenbeiträge des Klägers im „…..de“ zu löschen. Der Beklagte zu 1) wies dieses Ansinnen mit Scheiben vom 12.10.2012 zurück.

Der Kläger ist der Ansicht, dass ihm gegen beide Beklagte ein Anspruch auf Löschung sämtlicher von ihm verfasster Forenbeiträge zustehe.

Nach einer Klageerweiterung gegen die Beklagte zu 2) beantragt der Kläger,

die Beklagten zu verurteilen, sämtliche Forenbeiträge des Klägers im „….de“ zu löschen.

Die Beklagten beantragten,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 1) trägt vor, dass er nicht passivlegitimiert sei.

Beide Beklagten tragen vor, dass der Kläger keinen Anspruch auf Beseitigung der freiwillig eingesellten Beiräge habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst des überreichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte zu 1) ist nicht passivlegitimiert, da nicht er, sondern die Beklagte zu 2) Inhaber der Domain ist, auf welcher das Internetforum betrieben wird. Der Domaininhaber is unabhängig vom geltendgemachten Anspruch stets der Anspruchsgegner (Köhler/Arndt/Fetzer, Recht des Internetz, 5. Auflage 2006, Ziffer II., 13 „Rechtsfolgen“, a) „Passivlegitimation“).

Aus dem Umstand, dass der Beklagte zu 1) ausweislich des Impressums der Internetseite“….de“ als inhaltlich Verantwortlicher gemäß § 10 Abs. 3 MDStV genannt ist, ergibt sich keine Passivlegitimation des Beklagten zu 1).

Dass der Beklagte zu 1) mit dem Kläger vorprozessual korrespondiert hat, begründet ebenfalls keine Passivlegitimation des Beklagten zu 1). Entsprechendes gilt, soweit er sich gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Klägers telefonisch bereiterklärt hat, die Foreneinträge zu löschen, aber nicht bereit war, im Falle der Klagerücknahme die dem Kläger entstandenen Kosten zu tragen.

Ein Anspruch auf Löschung ergibt sich nicht aus Vertragsrecht. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass zwischen den Parteien kein Vertrag über die weitere Nutzung der Beiträge des Klägers nach Löschung der Mitgliedschaft bzw. des Accounts zustande gekommen sei, da keine „Nutzung“ der Beiträge nach der Löschung des Accounts durch die Beklagte zu 2) vorliegt. Die Beiträge sind von der Beklagten zu 2) lediglich nicht gelöscht worden, was einer „Nutzung“ nicht gleichzustellen ist.

Das Einstellen der Beiträge erfolgte zudem freiwillig durch den Kläger in Kenntnis der Boardregeln, in welchem ein Anspruch auf Löschung unstreitig verneint ist. Das Vorbringen des Klägers, die Klausel, in der ein Anspruch auf Löschung verneint ist, sei nicht Teil der Regeln, die im Laufe des Registrierungsprozesses akzeptiert werden müssen. Sondern finde sich nur im Unterforum FAQ, News und Ankündigungen is unerheblich, da der Kläger das Vorbringen in dem vorgerichtlichen Schreiben des Beklagten zu 1) vom 12.10.2010 dass nach der Registrierung als allererstes diese Regeln erscheinen, ohne deren Bestätigung der Account nicht aktiviert werde kann und die Registrierung somit nicht abgeschlossen wird, nicht bestritten hat. Der Kläger hat auch nicht bestritten, dass die Klausel „Inhalte“ von ihm jedes Mal bestätigt werden musste, wenn die Boardregeln aktualisiert wurden und ohne diese Bestätigung das weitere Arbeiten und Surfen in dem Forum nicht möglich war. Indem der Kläger den Boardregeln nicht widersprach, obwohl er von ihnen Kenntnis hatte bzw. Kenntnis nehmen konnte, hat er die Regeln als Vertragsinhalt akzeptiert.

Gesetzliche Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Löschung der forenbeiträge sind ebenfalls nicht ersichtlich.

Insbesondere stehen dem Kläger keine Beseitigungsansprüche nach urheberrechtlichen Vorschriften zu.

Der Kläger hat nicht substantiiert vorgetragen, dass es sich bei seinen Forenbeiträgen um ein urheberrechtschutzfähiges Werk handelt nach § 2 Abs. 2 UrhG sind Werke im Sinne des Urherrechtsgesetzes nur persönlich geistige Schöpfungen, das heißt, das Werk muss eine Verkörperung menschlich – subjektiver und individueller Kreativität darstellen, die auf einer besonderen geistigen Leistung beruht. Im Hinblick darauf oblag es dem Kläger, detaillier hinsichtlich sämtlicher Forenbeiträge, deren Löschung er begehrt, zu deren Inhalt vorzutragen und anzugeben, aufgrund welcher Umstände es sich bei den einzelnen eingestellten Beiträgen des Klägers um urheberrechtschutzfähige Werke handelt. Der Kläger hat zum Inhalt seiner Beiträge indessen nichts vorgetragen.

Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 2) gemäß § 98 Abs. 1 UrhG auf Vernichtung besteht ebenfalls nicht. Voraussetzung der Anwendung der vorgenannten Norm ist, dass es sich um rechtswidrig hergestellte, verbreitete oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmte Verfielfältigungsstücke handelt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Die Nichtlöschung der vom Kläger eingestellten Beiträge stellt keine Vervielfältigung dar. Zudem fehl es an einem rechtswidrigen Handeln der Beklagten zu 2), da die Beiträge von dem Kläger sämtlich freiwillig und durch eigenes handeln bzw. auf eigene Veranlassung des Klägers in das Forum eingestellt wurden.

Eine Anspruchsgrundlage lässt sich auch nicht aus dem Datenschutzrecht herleiten. Der Kläger hat nicht bestritten, dass alle Beiträge des Klägers, die privaten Daten (Kontaktdaten und Bilder) enthielten, gelöscht wurden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.

Dahlbokum
Nach oben scrollen